Perspektivwechsel.

Pro - Contra - Behördendeutsch

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Auf die Perspektive kommt es an

von Dr. Sebastian A. Pauli (Vorsitzender des vlf Waldkirchen-Grafenau e.V.)
25.07.2023

Perspektive 1: Fokus auf Natur und Sonne
Perspektive 2: Fokus auf Fremdkörper
Perspektive 3: Originalaufnahme

Kommentare, Meinungen und Beiträge in den Medien werden heute kaum von qualitativ hochwertigen journalistischen Artikeln abgegrenzt. Für die Leser und unsere Gesellschaft ist das zu einer Herausforderung geworden, weil der Unterschied zwischen überprüften Fakten und Einzelmeinung nur schwer erkennbar ist. So kann der Eindruck erweckt werden, dass eine Einzelmeinung, die Meinung der Gesellschaft widerspiegelt. Bewusstes Framing von Themen weckt Emotionen, Zustimmung oder Ablehnung. Anhand dreier Perspektiven auf einen Solarpark in der Gemeinde Hohenau im Bayerischen Wald soll Framing und anschließend der politische sowie kommunale Verwaltungsakt dahinter dargestellt werden.

Für die beiden ersten Perspektiven wurde jeweils ein Panoramafoto der Anlage so bearbeitet, dass es die Emotionen des Textes bestmöglich wiedergibt. Der dazugehörige Text wurde von einem Chatbot, in Anlehnung an Werke von Adalbert Stifter erstellt und vom Autor redaktionell überarbeitet. Dieser historische Bezug soll zusätzliche Emotionen, nach der „guten alten Zeit“ wecken und unterstreichen, welche Interaktion eine derartige Anlage auf die Kulturlandschaft und den Menschen haben könnte. Dem Chatbot wurde vorher jeweils die Anweisung zur emotionalen Zielrichtung gegeben: Zustimmung bzw. Ablehnung der Anlage.

Die beiden Texte zeigen eindrucksvoll, wie durch wenige Worte Stimmung für oder gegen ein Thema gemacht werden kann, ohne dass auch nur ein einziger (wissenschaftlicher) Fakt vorliegt. Dieser Methode bedienen sich oft auch Populisten und ideologisch getriebene Gruppierungen für alle möglichen Themen.

Die Installation einer Freiflächen-PV-Anlage auf dem eigenen Grundstück oder den landwirtschaftlichen Flächen birgt Chancen und Risiken. Einerseits ermöglicht sie eine zusätzliche Einnahmequelle durch die Erzeugung und Einspeisung von Solarstrom. Die EEG-Vergütung oder ein Stromliefervertrag sichern dabei den Stromerlös über einen gewissen Zeitraum. Zudem kann eine Doppelnutzung wie Agri-PV die Flächeneffizienz erhöhen, indem weiterhin eine landwirtschaftliche Produktion unter den Solarmodulen stattfindet. Jedoch ist die Wirtschaftlichkeit stark von den Investitionskosten und dem erzielbaren Strompreis abhängig. Der positive Nebeneffekt solcher Agri-PV-Anlagen: Das Gemüse oder die Tiere darunter genießen Sonnen- bzw. Wetterschutz.

Auch die gesellschaftliche Akzeptanz von Freiflächenanlagen wird zunehmend kritisch gesehen, wenn dadurch der Flächenverbrauch steigt. Unter Berücksichtigung von weiteren Faktoren, kann jedoch eine sinnvolle Abwägung vorgenommen werden: Auf ertragsschwachen und ggf. stark hängigen Standorten kann eine solche Anlage nach Meinung des Autors gut vertreten werden, da sie zudem nach der Nutzung rückstandsfrei zurückgebaut werden kann und keine Flächenversiegelung, wie bei anderen baulichen Objekten (z.B. Betonplatte) erforderlich ist.


Perspektive 1: Verschmelzung von Natur und Technik

Perspektive 1: Verschmelzung von Natur und Technik

„Sanft erheben sich die glänzenden Flächen der Sonnenkraftwerke in den majestätischen Hügeln des Bayerischen Waldes. Wie tiefblaue Seen liegen sie in der grünen Landschaft, umrahmt von dunklen Tannen, und spiegeln in ihrer geordneten Struktur den weiten Himmel und die wandernden Wolken wider. Wenn die Sonne ihr feuriges Antlitz über den Horizont erhebt, beginnen die großen Glastafeln in einem funkelnden Glitzern zu erstrahlen, als würden unzählige Edelsteine das Licht brechen. Langsam neigen sich die dunklen Tafeln dem Laufe der Sonne entgegen und saugen gierig die wärmenden Strahlen auf, um sie in die Kraft der Elektrizität umzuwandeln.

Denn der Durst der Menschheit nach dieser Kraft ist nie zu stillen, um die Annehmlichkeiten des modernen Lebens zu mehren. Die Sonnenkraftwerke sorgen dafür, dass dieser nie endende Durst mit sauberer Solarenergie gestillt wird.

Selbst wenn Helios sein Antlitz hinterm Horizont verbirgt, zieren die Felder noch die Landschaft. Nun hüllen sie sich in ein warmes, orangerotes Leuchten und schimmern in der Dämmerung wie Feuerseen. In dieser Stunde fühlt der Wanderer sich in eine märchenhafte Welt versetzt, wenn das glutrote Licht des Untergangs sich in den Tafeln spiegelt. Eine harmonische Symbiose aus ursprünglicher Naturschönheit und fortschrittlicher Technik. Doch der Mensch ist wankelmütig. Er will den Strom, aber nicht das Kraftwerk. Er sehnt sich nach Behaglichkeit, jedoch ohne Mühsal. Ein Widerspruch, der nur aufgelöst werden kann, wenn die Perspektive sich ändert. Wenn der Blick sich öffnet für die Notwendigkeit des Fortschritts wie der Bewahrung. Dann verschmelzen die Werke der Menschen mit der Schöpfung der Natur zu einer neuen, modernen Landschaft.

Diese Tafeln, gegossen aus edlem Glase, lassen sich einst, wenn ihre Zeit erfüllt ist, spurlos entfernen, auf dass die Landschaft unverändert an kommende Generationen zurückgeben wird. So geben die Anlagen der Sonnenkraft, was sie der Natur geliehen, dereinst makellos ihren Nachfahren wieder, auf dass auch sie einst von diesen Gaben zehren mögen.“

(Formulierung in Anlehnung an Adalbert Stifter: Chatbot. Redaktionelle Änderungen Dr. Sebastian Pauli 25.07.2023)


Perspektive 2: Fremdkörper in der Kulturlandschaft

Perspektive 2: Fremdkörper in der Kulturlandschaft

„Sanft erstreckten sich einst die grünen Hügel des Bayerischen Waldes, umrahmt von dunklen Tannen, die in ihrer ursprünglichen Schönheit den weiten Himmel und die wandernden Wolken widerspiegelten. Doch nun erheben sich darin glänzende Flächen der Sonnenkraftwerke, die monströs die Landschaft verändern.

Wenn die Sonne ihr feuriges Antlitz über den Horizont erhebt, beginnen die Glasplatten in einem grellen Glitzern zu glühen, das die Idylle früherer Zeiten verscheucht. Langsam neigen sich technische Tafeln dem Laufe der Sonne entgegen und saugen gierig die Strahlen auf, die einstmals nur Flora und Fauna nährten.

Mag auch die saubere Energie der Zukunft dienen, so rauben diese Anlagen doch der Natur ihren makellosen Glanz früherer Epochen. Der Fortschritt mag sein, doch die Schönheit der Vergangenheit kehrt nie wieder. So verschmilzt Natur nicht harmonisch mit dem Werk der Menschenhand. Vielmehr überformt es übermächtig ihre Ursprünglichkeit.

Selbst wenn die Felder dereinst zurückgebaut sind, bleibt ein Makel in der Erinnerung. Ein Stachel im Herzen all jener, die einst diese Täler durchstreiften und deren Bild sich unauslöschlich in ihre Seele prägte. So ist der Lauf der Dinge, doch der Geist bleibt stets der Hort jener längst vergangenen Pracht.“

(Formulierung in Anlehnung an Adalbert Stifter: Chatbot. Redaktionelle Änderungen Dr. Sebastian Pauli 25.07.2023)


Perspektive 3: Planung bis Fertigstellung der Anlage

Perspektive 3: Planung bis Fertigstellung

Zu Beginn der Legislaturperiode setzte sich eine Arbeitsgruppe des Gemeinderats Hohenau intensiv mit der künftigen Energieversorgung und den Rahmenbedingungen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen auseinander. Daraus entstand ein Leitfaden in Form einer Checkliste, welche Kriterien wie Landschaftsverträglichkeit und Bürgerbeteiligung beinhaltet. Diese Checkliste wurde mehrheitlich vom Gemeinderat verabschiedet, wobei auch kritische Stimmen gehört wurden.

Die konkrete Photovoltaikanlage durchlief anschließend den üblichen Genehmigungsprozess:

  • Antrag des Bauwerbers auf Aufstellung eines Bebauungsplans, Änderung des Flächennutzungsplans und Herausnahme aus dem Landschaftsschutzgebiet (Gemeinderatsbeschluss)
  • Antrag auf Ermittlung des Einspeisepunktes bei der Bayernwerk Netz GmbH
  • Aufstellungsbeschlüsse zum Bebauungsplan und zur Flächennutzungsplanänderung (Gemeinderatsbeschluss)
  • Öffentliche Bekanntmachung der Aufstellungsbeschlüsse (Amtstafeln)
  • Frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung (Bebauungsplan und Flächennutzungsplan); Erstellen der Abwägungsprotokolle zu den eingegangenen Stellungnahmen
  • Abwägungsbeschlüsse zum Bebauungsplan und zur Flächennutzungsplanänderung (Gemeinderatsbeschluss)
  • Einarbeitung in die Planung
  • Erste Bürger- und Behördenbeteiligung (Bebauungsplan und Flächennutzungsplan); Erstellen der Abwägungsprotokolle zu den eingegangenen Stellungnahmen
  • Abwägungsbeschlüsse zum Bebauungsplan und zur Flächennutzungsplanänderung (Gemeinderatsbeschluss)
  • Antrag der Gemeinde auf Herausnahme Landschaftsschutzgebiet; Entscheidung durch Kreisausschuss (Kreistagsbeschluss)
  • Einarbeitung in die Planung
  • Feststellungsbeschluss zum Flächennutzungsplan (Gemeinderatsbeschluss)
  • Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan (Gemeinderatsbeschluss)
  • Genehmigung Flächennutzungsplanänderung durch die Untere Bauaufsichtsbehörde (LRA FRG)
  • Wenn Genehmigung erteilt, werden Flächennutzungsplanänderung und Bebauungsplan öffentlich bekannt gemacht und somit rechtskräftig
  • Antrag auf Baugenehmigung erforderlich (im Regelfall erfolgt die Genehmigung im Freistellungsverfahren)
  • Baubeginn kann erfolgen
  • Verfahrensdauer (mindestens 1 Jahr einzuplanen)

Der über einjährige Prozess war geprägt von Transparenz und Mitsprachemöglichkeiten für die Bürger. Somit floss die Meinung der Mehrheit, repräsentiert und abgewogen durch den Gemeinderat, in die Entscheidung ein.

Das war nun der „langweilige“ Teil der Geschichte, der jedoch sehr viel Zeit, Diskussion und Abstimmung erfordert hat. Auch wenn im Nachgang nun teils Kritik geübt wird, sollte der demokratische Weg bei der Entstehung dieser Anlage im Hinterkopf behalten werden.


Fußnoten

  1. hss.de, deutschlandfunk.de, soscipanel.de
  2. topagrar.com